Kultursensibilität
„Wer mit älteren Migrantinnen und Migranten arbeiten möchte, der sollte viel Geduld und Verständnis mitbringen. Mit langsamen Schritten gelingt es, eine vertrauensvolle Beziehung zu der Zielgruppe aufzubauen und sie für Angebote zu gewinnen.“
Victoria Arbuzova
Unter „Kultursensibilität“ verstehen wir:
- Anerkennung der besonderen Belastungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund
- Hinterfragen der eigenen Erwartungen
- Wissen und Neugier für die jeweilige Kultur, für Sitten und Gebräuche
- Geh-Struktur anstelle von Komm-Struktur
Zugangswege zu mehr Kultursensibilität
Es ist wichtig mit Migrantenorganisationen vor Ort bzw. möglichen Netzwerkpartnern Kontakt aufzunehmen und zu versuchen, sie „ins Boot“ zu holen. Anerkannte Migrantenorganisationen haben einen Überblick über die Situation in der Region und meistens einen direkten Zugang zu der Zielgruppe. Die Ansprache älterer Migrantinnen und Migranten erfolgt am besten durch die Kontaktaufnahme zu den Communities. Einzelpersonen sind kaum erreichbar.
Bewährt haben sich zum Beispiel gemeinsame Informationsveranstaltungen. Aufgrund der Sprachschwierigkeiten sollten diese möglichst in der Muttersprache abgehalten werden. Dies führt zu einem höheren Verständnis und wirkt vertrauensbildend.
Wie gelingt kultursensible Öffnung?
Leitungsfiguren haben eine Schlüsselrolle
Eine dauerhafte Wirkung wird erreicht, wenn die anerkannten zentralen Informations- und Entscheidungsträgerinnen und –träger der Communities die angestrebten Veränderungen wirklich befürworten.
Die Haltung ist entscheidend
Die Haltung im Umgang mit sozialer Vielfalt ist entscheidend. Eine Haltung, die primär nicht auf Leistung zielt, sondern Gesundheitsbewusstsein und gesunde Lebensführung in den Vordergrund stellt, wird als förderlich angesehen.
Einbinden
Eine Organisation, die sich wirklich interkulturell öffnen will und damit tiefgreifende Veränderungen in der Mitgliederstruktur sowie dem Angebotsspektrum anstrebt, braucht ein solides Selbstbewusstsein, das solche Veränderungen als Entwicklungschancen wertschätzen kann.
Eigenverantwortung und Beteiligung stärken
Neben der Entwicklung von Strukturen und Angeboten erweist es sich als besonders wirksam und nachhaltig, alle Projektbeteiligten in die Entwicklungsprozesse einzubeziehen. Hierfür können folgende Leitfragen formuliert werden:
Welche Ziele haben ältere Migrantinnen und Migranten?
Wie sehen ihre Lebenswelten aus?
Welche Bedürfnisse haben sie?
Konkrete Vorschläge
- Menschen mit Migrationshintergrund und/oder entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen
- Mehrsprachiges Informationsmaterial erstellen und verbreiten
- Den eigenen Internetauftritt mehrsprachig gestalten
- Fortbildungen zu interkultureller Kompetenz für Mitarbeitende
- Veranstaltungen auf Türkisch / Polnisch / Russisch etc. anbieten
- Veranstaltungen in Kooperation mit migrantischen Organisationen
- Einbindung von professionellen Dolmetscherinnen und Dolmetschern – einerseits zur Entlastung der Angehörigen, andererseits um eine schamfreie und unverfälschte Übersetzung zu fördern
- Verschiedene Religionen bei der Angebotsgestaltung berücksichtigen, bspw. bei der Ernährung
- Beratung, Betreuung usw. in Muttersprache
Weitere Informationen
- Gesundheitsversorgung für Menschen mit Migrationshintergrund, in: Robert-Koch-Institut (2008): Migration und Gesundheit, Schwerpunktbericht der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, S. 107 ff.
- Ethnomedizinisches Zentrum Hannover, Tel: 0511 16841020 (u.a. medizinische Dolmetschdienste für den Raum Hannover)
- „Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe“ - ein Beitrag zur interkulturellen Öffnung des Forums für eine kultursensible Altenhilfe